«Wird es dir nicht langweilig bei Eventfrog? Immer der gleiche Brand, die gleichen Farben und die gleiche Arbeit?»
– eine Frage, die mir als Designer immer wieder gestellt wird. Ich verstehe, warum sie gestellt wird und kann mir vorstellen, dass sich auch meine Leser hier für die Antwort darauf interessieren. Sie lautet: «Nein, ganz im Gegenteil.»
Für die Details muss ich kurz etwas ausholen: zu Beginn meiner Karriere lernte ich das Gestalten von vorwiegend Drucksachen wie Broschüren, Briefschaften und ganzen Corporate Designs. Später arbeitete ich in Agenturen, die primär Corporate Designs verkauften und lernte viel darüber, wie man einer Firma ein neues Gesicht verschaffen kann. Und auch, wie man viel Geld mit unsinnig umfangreichen CD-Manuals verdienen kann. Doch das ist eine andere Geschichte, die ich euch vielleicht ein anderes Mal erzähle.
Während meiner darauffolgenden siebenjährigen Selbständigkeit folgte ich meiner Faszination für das Internet und gestaltete immer weniger Corporate Designs und dafür immer mehr Websites, Apps und Applikationen. UI Design kann man das nennen.
Diese Spezialisierung im Design brachte mir weitere Jobs nach meiner Selbständigkeit und ich durfte auch sehr umfangreiche grosse Webprojekte gestalten. Doch ein Muster prägte meine Arbeit seit ich meine Lehre als Grafiker abgeschlossen habe:
A bis Z
Kunden-Aufträge beginnen immer bei A und enden bei Z. Jeder Auftrag hat ein Budget und die Budgets wurden zunehmend kleiner. Stellt euch vor: als mein Lehrmeister zur Glanzzeit der Grafiker Kundenaufträge erhielt, musste er selten eine Offerte machen, geschweige denn einen engen Terminrahmen einhalten. Und man verdiente damals ein Vermögen. Aber ich schweife ab.
Auf jeden Fall sind Kunden-Aufträge ein sich wiederholendes Konstrukt, welches immer gleich aufgebaut ist. Man gibt als gewissenhafter Designer alles, um im Budgetrahmen das Beste für den Kunden herauszuholen. Hätte man mehr Zeit und Budget, könnte man natürlich mehr machen. Aber so versucht man einfach möglichst effizient den Auftrag effektiv zu Punkt Z zu bringen. Debriefing, Cüpli, nächstes Projekt.
Natürlich arbeitet man als Designer meist an mehreren Projekten gleichzeitig. Doch das ist eine andere Geschichte, die ich euch vielleicht ein anderes Mal erzähle.
Final.psd
Als ich im März 2016 bei Eventfrog.ch als Designer einstieg, verliefen die ersten paar Monate harzig. Als Perfektionist war ich es mir gewohnt, ein Design soweit fertigzustellen, dass es gedruckt und an die Wand gehängt werden kann. Deswegen benannten wir eine Photoshop-Datei auch als webdesign-final.psd.
Doch ich lernte rasch, dass dieses Projekt, an dem ich da arbeite nicht von A bis Z dauert, sondern von A bis ∞. Ein Budget in diesem Sinne gibt es nicht. In unserem Startup gibt zwar einen Lohn (noch von Investoren finanziert), man hat aber keinen Budget-Druck. Sondern arbeitet einerseits an der Existenz des Startups, andererseits an der Existenz seiner Arbeitsstelle selbst. Aber genug von den Rahmenbedingungen. Ihr wollt ja wissen, warum es mir nicht langweilig wird.
Ganz einfach: im Vergleich zu den Kunden-Aufträgen ist das Vorgehen heute als Product Designer vielmehr ein Modellieren. Man verbessert hier etwas am Cockpit, optimiert da an der Event-Darstellung, gestaltet ein neues Feature und arbeitet über Monate hinweg nebenbei an einem neuen Design System, welches dann ein komplettes Redesign der gesamten Produkt-Palette beherrschen soll. Wer schon einmal einen Einblick in die Produkt-Entwicklung über Monate und Jahre hatte, der weiss wovon ich spreche. Es gibt keine Finale-Version, es gibt Milestones. Es gibt kein perfektes Endresultat mit Deadline und Go-Live und anschliessendem Cüpli trinken, sondern Zwischenschritte die Verbesserungen mit sich bringen.
Manche Verbesserungen werden mit offenen Armen von unseren Veranstaltern und Ticketkäufern aufgenommen, andere werden nicht mal bemerkt. Und immer kann es von der Kommando-Brücke eine Richtungsänderung geben. Wir sind kein mächtiges Tankschiff mit einem Bremsweg von 5 Kilometern. Sondern eher ein Schnellbot mit agiler Steuerung.
Ich lernte in den letzten drei Jahren vermutlich mehr über das UI Design, die User, die UX und Usability, als in den 15 Jahren davor. Und noch heute lerne ich jeden Tag, jede Woche dazu.
A3 quer
Gerade was die Effizienz anbelangt, kam ich sehr viel weiter. Ich war schon immer ein Effizienz-Fanatiker und konnte für Ausstenstehende viel Zeit dafür aufbringen, wie beispielsweise eine Datei aufgebaut sein muss, damit man das Design später möglichst effizient anpassen kann. Früher dachte ich immer ich sei schnell. Das bin ich sicherlich. Aber ich bin vor allem zu faul um sich wiederholende Schritte immer und immer wieder zu gehen. Ich mag es einen Plan zu haben bevor ich mich in die Arbeit stürze.
Ich erinnere mich noch an die Zulassungsprüfung zur Schule für Gestaltung in Bern: wir hatten 60 Minuten Zeit, einen Zeichnung in einem vorgegebenen Format zu erstellen. Alle Kandidaten um mich herum stürzten sich sofort auf das weisse A3 und begannen in den ersten Minuten mit der Zeichnung. Ich lehnte mich erstmal zurück, las die Aufgabe drei Mal durch um sicherzugehen, dass ich das Briefing verstanden habe (zB "Technik: Bleistift, Format: A3 Querformat") und legte mir unterschiedliche Ideen zurecht. Erst nach 15 Minuten begann ich mit dem Zeichnen und gab meine Zeichnung trotzdem als einer der Ersten ab. Kurz nach mir gab einer seine Zeichnung ab – auf A3 Hochformat. Der war durchgefallen. Und ich schloss die Aufnahmeprüfung mit Bestnote ab.
Bei uns im Team kann jeder sehr viel Persönliches zum Produkt Eventfrog.ch beitragen. Was wir in den letzten Jahren erreicht haben, lässt sich sehen und macht immer mehr Veranstalter und Eventbesucher glücklich. Das aktuelle Design der Website, des Cockpits und der Apps ist noch nicht perfekt. Die Technik, das Marketing und der Support auch noch nicht. Es wird auch nie alles perfekt sein. Doch es wird immer besser werden. Und daran arbeiten wir. Sehr gerne sogar.
ps: wir suchen noch weitere Matrosen für unser Schnellboot (Seetauglichkeit von Vorteil)
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