Noch nicht lange her, da schrieb ich einen Blogpost, worauf ich besonders stolz bin. Unter anderem schrieb ich auch darüber, dass ich letzten August eine Stelle als AI Artist angetreten habe. Nun, die Zeiten ändern sich manchmal schneller, als man denkt und da mein Arbeitgeber den KI-Bereich nicht mehr weiterverfolgen will, suche ich bereits wieder einen neuen Job. Für meine Jobsuche liess ich mir etwas Aussergewöhnliches einfallen: Firmen sollen sich bei mir bewerben, statt umgekehrt!
Vor einer Woche lancierte ich meinen Job-Quiz und ich bekam nicht nur viele positive Rückmeldungen, sondern es haben sich tatsächlich (Stand heute) 5 Firmen über den Job-Quiz bei mir «beworben» und zwei weitere Anfragen erhielt ich direkt, aufgrund der Aktion. Grossartig, oder?
Wie ich das Job-Quiz erstellt habe, wie viel Künstliche Intelligenz dabei war und welche Tools ich dafür genutzt habe, erkläre ich in diesem Post.
So kam ich auf die Idee, ein Quiz zu lancieren
Schon länger störe ich mich ein wenig daran, dass man als Arbeitnehmer quasi den «ersten Schritt» machen muss, wenn es um die Bewerbung geht. An diesem System scheint niemand was ändern zu wollen, selbst wenn es auch Job-Apps oder Portale gibt, bei denen Firmen nach Kandidat:innen suchen können.
Gute Mitarbeiter:innen zu finden ist nicht nur in Bereichen schwierig, wo generell ein Fachkräftemangel stattfindet, sondern gilt auch dann, wenn eigentlich genug potenzielle Arbeitnehmer auf dem Markt sind. Denn wie auch in Beziehungen muss es auch bei der Arbeit «menschlich stimmen», was oft auch an Bewerbungsgesprächen ein Faktor ist, den man nur im Gespräch herausfindet und nicht anhand von Lebensläufen oder Jobbeschrieben festgemacht werden kann. Deshalb kam ich dann auch auf die Idee, dass ich den Spiess doch mal umkehren könnte, als ich vor der neuen Situation stand, dass ich einen neuen Job brauche.
Quiz-System und Inhalte
Ähnlich wie Tinder und co wollte ich interessierten Firmen die Möglichkeit geben, sich mit meinen Vorstellungen bezüglich meines künftigen Arbeitgebers zu «matchen». Schnell kam die Idee, dass man Fragen beantworten und Punkte sammeln konnte bei einem Quiz. Im Anschluss sollen Bewerber:innen eine detaillierte Auswertung des Quiz erhalten, wenn sie ihre Kontaktangaben hinterlassen und interessiert an einem Gespräch mit mir wären. Von Anfang an war mir auch klar, dass viele aus reinem Interesse nur den Quiz durchspielen werden. Also musste ein System her, dass diese Wünsche erfüllen würde.
Zuerst liess ich mir mithilfe von ChatGPT mal 10 Quiz-Fragen zusammenstellen. Diese Fragen sollen meine Wunschvorstellungen meines künftigen Jobs abbilden. Also habe ich in ChatGPT zuerst diesen Prompt abgesetzt:
Du bist ein Recrouting-Profi und Headhunter und hast jahrelange Erfahrung als Personalvermittler.
Ich bin ab 1. Juni nicht mehr angestellt als AI Artist im Bereich KI Bild- und Videogeneratoren, bin aber auf der Suche nach einer neuen Stelle ab diesem Datum. Seit letztem August 2023 war ich hauptberuflich als AI Artist bei den Smart Rebels angestellt, gab viele Referate, Workshops und machte Produktionen im Bereich KI Bildgeneratoren.
Ich möchte für ein Mal den Spiess umdrehen und statt dass ich mich bewerbe, möchte ich einen Online-Quiz mit Entscheidungsbranches machen, welches interessierte Arbeitgeber ausfüllen können, die sich bei mir als Arbeitgeber bewerben wollen.
Ich stelle mir das Formular so vor, dass die an mir interessierten Arbeitgeber wenige Fragen beantworten müssen um herauszufinden, ob ich an einen Job bei ihnen interessiert wäre. Jede positiv beantwortete Frage gibt einen Punkt. Je nach Punktezahl bekommt der Interessent am Ende ein Ergebnis (zB 0 – 3 Punkte = "Leider nein. Freundliche Begründung", 4–6 Punkte = "Das könnte passen" Freundliche Begründung, 7 – 10 Punkte = "It's a Match!" Begründung warum das sehr gut passen könnte.
Du hilfst mir beim Erstellen der Fragen, des Punktesystems und der Abschliessenden 3 Begründungen / Auswertungen.
Stelle mir dafür zuerst alle Fragen zu meinem Traumjob die du wissen musst, um einen kurzen Quiz (max 10 Fragen) zu erstellen, ob der Bewerber zu mir passen würde und ich bei ihm arbeiten möchte.
Ja, ein etwas längerer Prompt, den man bestimmt optimieren könnte. Anschliessend wurden mir Fragen gestellt, die ich möglichst genau beantwortete. ChatGPT spielte mir anschliessend 10 Quizfragen und ein Auswertungssystem inklusive der Texte dazu aus. Ich verlangte dann, dass die Fragen und Texte noch etwas witziger formuliert sein sollen und hatte dann eine Text-Basis für den Quiz, welche ich später noch leicht anpassen würde.
Natürlich brauchte ich auch noch ein «Key Visual» für meinen Quiz. Dafür habe ich den KI-Bildgenerator Midjourney genutzt, um das Wort «QUIZ» in Form von aufblasbaren Buchstaben-Ballons darzustellen. Fürs Finetuning habe ich dann das generierte Bild im Photoshop noch etwas optimiert und freigestellt.
Tools & Automation
Zuerst wollte ich Google Forms für den Quiz nutzen, merkte dann aber rasch, dass es mit Google Forms nicht möglich war, die logische Verzweigung (Branching) des Quiz inkl. den passenden Auswertungen abzubilden. ChatGPT riet mir noch zu Add-ons oder Scripts. Doch nach einer Weile rumpröbeln damit merkte ich: Das wird ein Gebastel, ich will eine saubere Lösung. Mit etwas Googeln nach einem Formular-Tool, welches Branching beherrscht, stiess ich auf das Tool Tally – ähnlich wie Notion lassen sich damit einfach Formulare mit Logik-Abzweigungen erstellen. Da ich Notion selbst nutze, hatte ich rasch den Dreh raus, wie ich das Formular aufbauen kann.
Um den Quiz noch etwas raffinierter zu machen, entschied ich mich am Ende des Formular-Ausfüllens anhand der Punktezahl nur grob auszugeben, ob die bewerbende Firma ein «super Match» ist, sie auf dem Weg dahin ist oder eher nur «ganz okay» abgeschlossen hat. Für eine detaillierte Auswertung und Kontaktaufnahme mit mir als interessierte Firma soll man seine Kontaktdaten hinterlassen müssen.
Anschliessend wird via einer Automation via make.com ein persönliches PDF mit der detaillierten Auswertung des Quiz generiert und zusammen mit meinem CV an mit einem generierten E-Mail an die Firma, resp. die bewerbende Person geschickt. Die Quiz-Auswertungen werden dabei als PDF auch auf meinem Google Drive abgelegt und die Quiz-Bewerbungen werden auch alle automatisch in einer Datenbank in meiner Notion-Umgebung gespeichert.
Quiz Auswertung und Anschreiben der Bewerber-Firmen
Nebst interessierten Firmen haben natürlich auch viele den Quiz aus Neugier ausgefüllt und keine Kontaktangaben hinterlassen. Insgesamt haben bis heute über 80 Menschen den Quiz durchgespielt, 5 davon waren Firmen mit Interesse, zwei weitere Firmen haben sich dank des Quiz direkt bei mir gemeldet. Wenn man so will, eine Conversion Rate von fast 10 %. 😅
Da ich in meiner Notion-Datenbank auch alle Bewerber-Firmen gespeichert habe, konnte ich diese Tabelle zusätzlich noch mit Status versehen, wie ich im Bewerbungsprozess mit diesen Firmen stehe. Unnötig, aber nice für meinen inneren Monk.
Habe ich schon einen neuen Job?
Stand heute hatte ich bereits ein Vorstellungsgespräch und zwei weitere Termine für Gespräche. Ich habe eine riesengrosse Freude, wie gut das Job-Quiz für mich funktioniert hat. Ich bekam auch einige positive Rückmeldungen zum Quiz, was mich zusätzlich gefreut hat.
Aktuell ist es noch zu früh zu sagen, ob und wann ich wieder einen Job habe und wo es mich hinzieht. Aber ich wollte mit euch bereits jetzt schon diesen Erfolg teilen und wer weiss, jemanden inspirieren es mir gleichzutun und den Bewerbungs-Spiess mal umzudrehen. Teilen und Nachahmen erlaubt!
Update 23. Mai 2024: momentan haben 125 Menschen das Job-Quiz durchgespielt und 10 davon sind Firmen, die sich bei mir beworben haben.
Update 30. Mai 2024: 136 Menschen haben das Formular ausgefüllt, 12 davon waren Firmen. Und ich habe einen neuen Job gefunden! Das Job-Quiz habe ich deaktiviert.
Ich habe dich in Dübendorf an einem KI-Workshop erleben dürfen und gratuliere schon jetzt der Firma, die sich erfolgreich bei dir bewirbt.
Good luck!